Homeoffice im Ausland - der rechtssichere Weg

Homeoffice im Ausland - der rechtssichere Weg

Die zunehmende Digitalisierung und die Erfahrungen aus der Corona-Zeit haben das mobile Arbeiten fest in unserem Arbeitsalltag etabliert. Immer häufiger erreichen uns Anfragen von Mandanten, die ihren Mitarbeitern ermöglichen möchten, teilweise oder vollständig aus dem Ausland zu arbeiten. Die gute Nachricht vorweg: Für die meisten Arbeitgeber ist dies ohne größere steuerliche Risiken möglich - dennoch gibt es einige wichtige Aspekte zu beachten.

Grundsatz: Keine Betriebsstätte durch "normale" Arbeitnehmer

Nach deutscher Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung begründet ein normaler Arbeitnehmer durch seine Homeoffice-Tätigkeit grundsätzlich keine Betriebsstätte für seinen Arbeitgeber im Ausland. Der Hauptgrund: Dem Arbeitgeber fehlt die notwendige Verfügungsmacht über die privaten Räumlichkeiten des Mitarbeiters. Dies wurde durch mehrere Entscheidungen des Bundesfinanzhofs bestätigt (u.a. BFH vom 23.5.2002, III R 8/00).

Ausnahmen beachten: Wann kann doch eine Betriebsstätte entstehen?

Geschäftsführer und leitende Angestellte

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Geschäftsführer oder leitende Angestellte aus dem ausländischen Homeoffice arbeiten:

  • Hier kann eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte entstehen (§ 12 S. 2 Nr. 1 AO)
  • Insbesondere wenn tägliche Geschäftsentscheidungen im Ausland getroffen werden
  • Auch die private Wohnung kann zur Geschäftsleitungsbetriebsstätte werden

Unterschiedliche Beurteilung im Ausland

Die ausländischen Finanzbehörden können die Situation anders einschätzen. So gehen beispielsweise die dänischen Behörden sehr restriktiv vor und nehmen grundsätzlich eher eine Betriebsstättenbegründung an. Dies kann zu einem steuerlichen Qualifikationskonflikt führen.

Die Position der OECD im Detail

Die OECD nimmt in ihrem Musterkommentar eine deutlich differenziertere Position zur Homeoffice-Thematik ein als das deutsche Steuerrecht. Nach Art. 5 Abs. 1 OECD-Musterabkommen bedeutet der Begriff "Betriebsstätte" zunächst eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.

Zentrale Kriterien der OECD

Die OECD betont in ihrem Musterkommentar (OECD-MK, Art. 5, Rz. 18) ausdrücklich:

1. Verfügungsmacht

  • Die bloße Homeoffice-Tätigkeit führt nicht automatisch zur Annahme einer Verfügungsmacht des Arbeitgebers
  • Eine Verfügungsmacht wird nur angenommen, wenn:
    • Das Homeoffice regelmäßig zur Arbeitsausführung genutzt wird
    • Der Arbeitnehmer durch das Unternehmen zur Nutzung angewiesen wurde
    • Vertragliche Vereinbarungen die Homeoffice-Nutzung explizit regeln

2. Bedeutung der Tätigkeiten

  • Kurze und unregelmäßige Tätigkeiten begründen keine Betriebsstätte
  • Vorbereitende oder Hilfstätigkeiten sind durch Art. 5 Abs. 4 OECD-MA ausgenommen
  • Die Tätigkeit muss wesentlich zur Wertschöpfung beitragen

3. Sonderfall Geschäftsführung

  • Tägliche Geschäftsentscheidungen aus dem Homeoffice können eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte begründen
  • Auch die private Wohnung eines Geschäftsführers kann bei geringem Tätigkeitsumfang zur Geschäftsleitungsbetriebsstätte werden
  • Eine Einordnung als Hilfs- oder Nebentätigkeit ist bei Geschäftsführern ausgeschlossen

Praktische Auswirkungen für Arbeitgeber

Lohnsteuerrechtliche Konsequenzen

Anpassung des Lohnsteuerabzugs

  • Der Lohnsteuerabzug muss bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern nach denselben Vorschriften wie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen erfolgen
  • Für Mitarbeiter im ausländischen Homeoffice kann ein reduzierter Lohnsteuerabzug vorgenommen werden
  • Die Aufteilung des Arbeitslohns erfolgt nach den tatsächlichen Arbeitstagen im In- und Ausland

Dokumentationspflichten

  • Erfassung und Dokumentation der im In- und Ausland geleisteten Arbeitstage
  • Aufzeichnung der jeweiligen Tätigkeitsorte
  • Nachweise über die Art der ausgeübten Tätigkeiten

Registrierungspflichten im Ausland

  • Bei Begründung einer Betriebsstätte: steuerliche Registrierung erforderlich
  • Bei Firmenwagenüberlassung: ggf. umsatzsteuerliche Registrierung
  • Beachtung lokaler Meldepflichten nach ausländischem Recht

Praktische Auswirkungen für Arbeitnehmer

Steuerliche Konsequenzen

1. Aufteilung der Vergütung

  • Das einheitliche Gehalt muss in einen in Deutschland steuerbaren und einen nicht steuerbaren Teil zerlegt werden (BFH 29.1.86, I R 22/85)
  • Die Aufteilung erfolgt nach Arbeitstagen oder ggf. sogar Stunden
  • Auch Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld müssen anteilig aufgeteilt werden

2. Auswirkungen auf die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht

  • Die Option zur fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG kann entfallen, wenn:
    • Weniger als 90% der Einkünfte der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder
    • Die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag übersteigen

3. Firmenwagenüberlassung

  • Die private Nutzung eines Firmenwagens kann im Wohnsitzstaat der Umsatzsteuer unterliegen
  • Nach EuGH-Rechtsprechung (20.1.21, C-288/19) ist zu unterscheiden zwischen:
    • Entgeltlicher Überlassung (bei Geldzahlung oder Gehaltsverzicht)
    • Unentgeltlicher Überlassung (ohne spezifische Gegenleistung)

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Um Risiken zu minimieren, empfehlen wir:

  1. Klare vertragliche Regelungen:
    • Schriftliche Homeoffice-Vereinbarung
    • Definition des Tätigkeitsumfangs
    • Regelungen zur Arbeitszeit und Erreichbarkeit
  2. Sorgfältige Dokumentation:
    • Erfassung der Homeoffice-Zeiten
    • Nachweis der ausgeübten Tätigkeiten
    • Dokumentation von Dienstreisen
  3. Regelmäßige Überprüfung:
    • Monitoring der Tätigkeitsumfänge
    • Prüfung veränderter Rahmenbedingungen
    • Anpassung der Vereinbarungen bei Bedarf

Fazit

Die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten aus dem Ausland ist für die meisten Arbeitnehmer und ihre Arbeitgeber ohne größere steuerliche Risiken umsetzbar. Die größten Herausforderungen liegen meist in der korrekten Aufteilung der Vergütung und der Dokumentation der Arbeitszeiten. Besondere Vorsicht ist bei Geschäftsführern und leitenden Angestellten geboten. Als Ihre Steuerberater unterstützen wir Sie gerne bei der rechtssicheren Gestaltung und begleiten Sie bei allen damit verbundenen Fragen.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde mit größter Sorgfalt erstellt und basiert auf dem aktuellen Stand der Gesetzgebung und Rechtsprechung. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann dennoch keine Gewähr übernommen werden. Der Beitrag ersetzt keine individuelle Beratung im Einzelfall. Sprechen Sie uns hierzu gerne an unter: info@fba.accountants