Einführung in den Entwurf des Europäischen freiwilligen Standards für KMU (VSME ED)
Wir möchten Ihnen im Nachfolgenden einen umfassenden Überblick über den neuesten Entwurf des Europäischen freiwilligen Standards für nicht börsennotierte kleine und mittelständische Unternehmen (VSME ED) geben. Dieser Standard zielt darauf ab, die Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMU zu fördern und zu vereinfachen. Als Wirtschaftsprüfer ist es unsere Aufgabe, Sie bei der Implementierung dieser neuen Richtlinien zu unterstützen und Ihnen die relevanten Informationen bereitzustellen.
Was ist VSME ED?
Der VSME ED ist ein Entwurf, der von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) veröffentlicht wurde. Er enthält Richtlinien zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten für nicht börsennotierte kleine und mittelständische Unternehmen in der EU. Der Standard wurde entwickelt, um die Transparenz und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu verbessern und sicherzustellen, dass Unternehmen ihre ökologischen, sozialen und Governance-bezogenen (ESG) Auswirkungen umfassend und genau darstellen.
Ziel und Umfang des Standards
Der Hauptzweck des VSME ED ist es, spezifische Anforderungen an die Nachhaltigkeitsinformationen festzulegen, die Unternehmen in ihren Berichten offenlegen müssen. Diese Berichte sollen den Anforderungen der EU-Richtlinie 2013/34/EU entsprechen. Der Standard gilt für:
- Kleine und mittelgroße Unternehmen, deren Wertpapiere nicht zum Handel an einem geregelten Markt in der EU zugelassen sind.
- Unternehmen, die gemäß der Richtlinie 2013/34/EU als Mikro-, kleine oder mittelständische Unternehmen klassifiziert sind.
Nicht kapitalmarktorientierte kleinste, kleine und mittlere Unternehmen sind von der gesetzlichen Pflicht, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, zwar nicht erfasst. Sie werden in vielen Fällen jedoch von ihren Geschäftspartnern und Kunden aufgefordert, Nachhaltigkeitsinformationen bereitzustellen. Dies unterstreicht die Bedeutung der freiwilligen Anwendung des VSME ED, um den Anforderungen der Stakeholder gerecht zu werden und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Hauptabschnitte des VSME ED
Der Entwurf ist in mehrere Hauptabschnitte unterteilt, die detaillierte Anforderungen und Richtlinien für die Berichterstattung enthalten:
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Allgemeine Anforderungen: Dieser Abschnitt legt die grundlegenden Prinzipien und qualitativen Anforderungen fest, die für die Nachhaltigkeitsberichterstattung notwendig sind. Dazu gehören Kategorien von Angaben und die Bedeutung der Wesentlichkeit.
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Allgemeine Angaben: Hier werden grundlegende Unternehmensinformationen verlangt, die unabhängig von der Wesentlichkeitsbewertung offengelegt werden müssen. Dazu gehören Governance-Prozesse, die Unternehmensstrategie und wesentliche Risiken und Chancen.
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Richtlinien, Maßnahmen und Ziele: Dieser Abschnitt erfordert die Offenlegung der spezifischen Richtlinien, Maßnahmen und Ziele des Unternehmens im Bereich der Nachhaltigkeit.
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Umweltbezogene Angaben: Detaillierte Anforderungen zu umweltbezogenen Themen und Kennzahlen wie Treibhausgasemissionen, Wasser- und Energieverbrauch, Abfallmanagement und Biodiversität.
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Soziale Angaben: Bezieht sich auf soziale Themen wie Arbeitsbedingungen, Menschenrechte, Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer sowie das Engagement in der Gemeinschaft.
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Geschäftsgebaren: Aspekte der Unternehmensführung und des ethischen Verhaltens, wie Korruptionsbekämpfung und Compliance mit Gesetzen und Vorschriften.
Die Bedeutung der doppelten Wesentlichkeit
Ein zentrales Konzept des VSME ED ist die doppelte Wesentlichkeit. Dies bedeutet, dass Unternehmen sowohl die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft (Impact Materiality) als auch die finanziellen Risiken und Chancen, die sich aus Nachhaltigkeitsfragen ergeben (Financial Materiality), berücksichtigen müssen. Diese umfassende Sichtweise stellt sicher, dass alle relevanten Nachhaltigkeitsaspekte im Bericht erfasst werden.
- Impact Materiality: Bezieht sich auf die tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf die Umwelt und die Gesellschaft. Dazu gehört die Analyse der Schwere und des Umfangs der Auswirkungen sowie der Möglichkeit, diese zu beheben.
- Financial Materiality: Betrifft die finanziellen Auswirkungen, die Nachhaltigkeitsfragen auf das Unternehmen haben können. Dazu gehören Risiken und Chancen, die sich aus Nachhaltigkeitsthemen ergeben und die finanzielle Lage, Leistung, Cashflows, Zugang zu Finanzmitteln oder Kapitalkosten des Unternehmens beeinflussen können.
Die drei Module des VSME ED
Der VSME ED ist in drei Module unterteilt, die Unternehmen bei der Erstellung ihrer Nachhaltigkeitsberichte unterstützen:
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Grundmodul: Dieses Modul umfasst grundlegende Offenlegungen und Metriken (B 1 - B 12), die für alle Unternehmen verpflichtend sind, die diesen Standard anwenden. Es deckt Umwelt-, Sozial- und Geschäftspraktiken ab. Eine Wesentlichkeitsanalyse ist nicht erforderlich, aber die Angaben sind bereitzustellen, wenn sie für das Unternehmen relevant sind.
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Narrative-Policies, Actions and Targets (PAT) Modul: Dieses Modul definiert narrative Offenlegungen in Bezug auf Richtlinien, Maßnahmen und Ziele (N 1 - N 5). Es wird empfohlen für Unternehmen, die formalisierte und implementierte Nachhaltigkeitsstrategien haben. Eine Wesentlichkeitsanalyse ist erforderlich, um relevante Nachhaltigkeitsthemen zu identifizieren und offenzulegen.
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Business Partners (BP) Modul: Dieses Modul legt zusätzliche Datenpunkte fest, die wahrscheinlich von Kreditgebern, Investoren und Geschäftspartnern des Unternehmens angefordert werden. Eine Wesentlichkeitsanalyse ist erforderlich, um relevante Nachhaltigkeitsthemen zu identifizieren und offenzulegen.
Herausforderungen und Chancen für KMU
Die Umsetzung des VSME ED stellt kleine und mittelständische Unternehmen vor einige Herausforderungen, bietet aber auch erhebliche Chancen:
- Herausforderungen: Die Erfassung und Berichterstattung detaillierter Nachhaltigkeitsinformationen kann ressourcenintensiv sein. Unternehmen müssen möglicherweise neue Prozesse und Systeme einführen, um den Anforderungen gerecht zu werden.
- Chancen: Eine verbesserte Nachhaltigkeitsberichterstattung kann das Vertrauen der Stakeholder stärken, die Unternehmensreputation verbessern und langfristig zu einem nachhaltigen Geschäftserfolg beitragen. Darüber hinaus kann die Transparenz in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte neue Investitionsmöglichkeiten erschließen und das Unternehmen auf zukünftige regulatorische Anforderungen vorbereiten.
Fazit
Der VSME ED ist ein bedeutender Schritt zur Förderung der Nachhaltigkeit in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Durch die Einhaltung dieser neuen Standards können Unternehmen nicht nur gesetzliche Anforderungen erfüllen, sondern auch einen positiven Beitrag zur Gesellschaft und Umwelt leisten. Wir empfehlen allen betroffenen Unternehmen, sich frühzeitig mit den Anforderungen des Standards vertraut zu machen und die notwendigen Schritte zur Implementierung einzuleiten.
Für weitere Informationen und Unterstützung bei der Umsetzung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Gemeinsam können wir die Zukunft nachhaltiger gestalten.