Auswirkungen der befristeten Absenkung des allgemeinen und ermäßigten Umsatzsteuersatzes zum 1. Juli 2020
Wie wir schon am 3. Juni 2020 berichtet haben, enthält das sog. zweite Corona-Steuerhilfegesetz eine auf sechs Monate befristete Absenkung des Regelsteuersatzes auf 16% und des ermäßigten auf 5%. Erstmals seit der Einführung des aktuellen Umsatzsteuersystems zum 01.01.1968 soll es damit zu einer Absenkung der Umsatzsteuersätze kommen.
Das BMF hat den Entwurf eines begleitenden BMF-Schreibens veröffentlicht. Die darin enthaltenen Regelungen sollen die Unternehmer bei der Umstellung unterstützen. Im Nachfolgenden beleuchten wir einige Fragen, die für dich und dein Unternehmen im Rahmen der Anpassung relevant sein können.
Beginn der Regelung
Die neuen Umsatzsteuersätze von 16 Prozent und 5 Prozent sind auf die Lieferungen, sonstigen Leistungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe anzuwenden, die zwischen dem 1. Juli 2020 und 31. Dezember 2020 bewirkt werden.
Maßgebend für die Anwendung dieser Umsatzsteuersätze ist stets der Zeitpunkt, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird. Auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung kommt es ebenso wenig an wie auf den Zeitpunkt der Entgeltsvereinnahmung oder der Rechnungserteilung.
Die Umsatzsteuersätze von 16 Prozent und 5 Prozent sind auch bei der Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) anzuwenden, und zwar befristet auf Einfuhren, die zwischen dem 1. Juli 2020 und 31. Dezember 2020 vorgenommen werden.
Behandlung bei der Istversteuerung
Absenkung des Umsatzsteuersatzes zum 1. Juli 2020:
Hat der Unternehmer in den Fällen der Istversteuerung vor dem 1. Juli 2020 Entgelte oder Teilentgelte (Anzahlungen usw.) für Lieferungen und sonstige Leistungen bzw. Teilleistungen vereinnahmt, die nach dem 30. Juni 2020 ausgeführt werden und der Besteuerung unterliegen, ist auch auf diese Beträge nachträglich der ab dem 1. Juli 2020 geltende Umsatzsteuersatz von 16 Prozent bzw. 5 Prozent anzuwenden (§ 27 Abs. 1 Satz 2 UStG).
Werden nach dem 30. Juni 2020 Entgelte oder Teilentgelte für Leistungen bzw. Teilleistungen vereinnahmt, die der Unternehmer vor dem 1. Juli 2020 ausgeführt hat, ist die auf diese Beträge entfallende Umsatzsteuer nach dem bis zum 30. Juni 2020 geltenden Umsatzsteuersatz von 19 Prozent bzw. 7 Prozent zu berechnen.
Anhebung des Umsatzsteuersatzes zum 1. Januar 2021:
Nach § 27 Abs. 1 Satz 3 UStG ist die für die vor dem 1. Januar 2021 vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte geschuldete weitere Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum zu berechnen und zu entrichten, in dem die Leistung bzw. Teilleistung ausgeführt wird. Darüber hinaus wird zur Vereinfachung zugelassen, dass die für die vor dem 1. Januar 2021 vereinnahmten Teilentgelte geschuldete weitere Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum berechnet und entrichtet wird, in dem das restliche Entgelt vereinnahmt wird. Vereinnahmt der Unternehmer das restliche Entgelt nach dem 31. Dezember 2020 in mehreren Teilbeträgen, kann er die Umsatzsteuer, soweit sie noch auf die vor dem 1. Januar 2021 vereinnahmten Teilentgelte entfällt, für den Voranmeldungszeitraum berechnen und entrichten, in dem der letzte Teilbetrag vereinnahmt wird.
Keine Verpflichtung zur Preisanpassung
Der Unternehmer ist nach § 14 Abs. 2 und § 14a UStG berechtigt und ggf. verpflichtet, über Leistungen, die nach dem 30. Juni 2020 ausgeführt werden, Rechnungen zu erteilen, in denen die Umsatzsteuer nach dem zwischen dem 1. Juli 2020 und 31. Dezember 2020 befristet geltenden Umsatzsteuersatz von 16 Prozent bzw. 5 Prozent ausgewiesen ist. Das gilt auch, wenn die Verträge über diese Leistungen vor dem 1. Juli 2020 geschlossen worden sind und dabei von den bis dahin geltenden Umsatzsteuersätzen (19 Prozent bzw. 7 Prozent) ausgegangen worden ist. Aus der Regelung über den Steuerausweis folgt aber nicht, dass die Unternehmer verpflichtet sind, bei der Abrechnung der vor dem 1. Juli 2020 vereinbarten Leistungen die Preise entsprechend der zwischen dem 1. Juli 2020 und 31. Dezember 2020 befristet eingetretenen umsatzsteuerlichen Minderbelastung zu senken. Es handelt sich dabei vielmehr um eine besondere zivilrechtliche Frage, deren Beantwortung von der jeweiligen Vertrags- und Rechtslage abhängt.
Einlösen von Gutscheinen
Vergütet ein Unternehmer von ihm ausgegebene Gutscheine, die einen Endabnehmer in die Lage versetzen, Leistungen um den Nennwert der Gutscheine verbilligt zu erwerben, kann dies grundsätzlich zur Minderung der Bemessungsgrundlage beim Unternehmer führen. Sofern eine Entgeltminderung für eine steuerpflichtige Leistung vorliegt, hat der Unternehmer die dafür geschuldete Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 1 UStG zu berichtigen. Der Umsatzsteuersatz ergibt sich aus der Lieferung, für die der Gutschein eingelöst worden ist. Die dazu erforderliche Aufteilung der Einlösungsbeträge auf die vor dem 1. Juli 2020 und die nach dem 30. Juni 2020 ausgeführten Umsätze bereitet in der Praxis erfahrungsgemäß Schwierigkeiten. Deshalb wird zugelassen, die Steuerberichtigung nach folgendem vereinfachten Verfahren vorzunehmen:
Erstattet der Unternehmer die von ihm ausgegebenen Gutscheine in der Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 31. August 2020, ist die Umsatzsteuer - soweit die zugrundeliegenden Umsätze dem allgemeinen Steuersatz unterliegen - nach dem bis zum 30. Juni 2020 geltenden Steuersatz von 19 Prozent zu berichtigen. Bei der Erstattung von Gutscheinen nach dem 31. August 2020 ist die Umsatzsteuer nach dem ab 1. Juli 2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 16 Prozent zu berichtigen.
Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen. Die vorgenannte Vereinfachungsregel gilt insoweit nicht.
Bei Einzweck-Gutscheinen ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Besteuerung der Leistungsfiktion die Ausgabe des ausgegebenen Unternehmers an den Kunden. Die spätere Gutscheineinlösung, also die tatsächliche Lieferung bzw. Leistungserbringung, ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant, da diese nicht als unabhängiger Umsatz gilt.
Umtausch von Gegenständen
Beim Umtausch eines Gegenstands wird die ursprüngliche Lieferung rückgängig gemacht. An ihre Stelle tritt eine neue Lieferung. Wird ein vor dem 1. Juli 2020 gelieferter Gegenstand nach diesem Stichtag umgetauscht, ist auf die Lieferung des Ersatzgegenstands, falls sie dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterliegt, der ab 1. Juli 2020 geltende Umsatzsteuersatz von 16 Prozent anzuwenden.